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2007 
200703: Internationales Guitar Festival Rust  
200701: Pleyel, Pahlen, Sibelius 
2006 
200612: Otto Zykan 
200611: Stecher 
200610: Yashiro Kondo 
200608: Can Aksel Akin 
200607: Peter S. Lehner 
200606: Haydn Trio 
200605: Franz Schaden 
200604: Elisabeth Eschwé 
200603: Leo Mazakarini 
200602: Jan Pospichal 
200601: W.A. Mozart 
2005 
bilder2005 
200512: Gustav Danzinger 
200508: Emanuel Schulz 
200507: Markus Schirmer 
200506: Gerhard Track 
200505: Johanes Wildner 
200504: Fabio Luisi 
200503: Gottfried Zawichowsky 
200502: Manfred Wagner 
2004 
200412: Ranko Markovic 
200411: Ernst Gehmacher 
200409: Johannes Neubert 
200408: Benjamin Schmid 
200407: Thomas D. Schlee 
200406: Johannes Pinter 
200405: Klavierduo Kutrowatz 
200404: Herwig Reiter 
200402: Maximilian Kreuz 
200401: KH Gruber 
2003 
200312: Gert Hofbauer 
200311: Heinrich Gattermeyer 
200310: Werner Hackl 
200309: Gerhard Lagrange 
200308: Robert Berger 
200307: Roland Batik 
200306: Duo Flieder Pantillon 
200305: Doblinger - Dr. Heindl 
200304: Paul Gulda 
200303: Georg Ragyoczy 
200302: Martha + Vahid Khadem-Missagh 
2002 
200212: Ernst Wedam 
200211: Artis Quartett 
200209: Duo :nota bene: 
200207: Natasa Veljkovic 
200206: Barbara Payha 
200205: Doris Adam 
200204: Karin Adam 
200203: Benjamin Schmid 
200202: Orfeo Mandozzi 
200201: Stefan Vladar 
2001 
200112: Julian Rachlin 
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200106: Walter Weller 
200105: Alexander Wagendristel 
200104: Münchner Streichquartett 
200103: Erwin Ortner 
200102: Erhart-Schwertmann 
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2000 
200012: Christian Altenburger 
200011: Jovita Dermota 
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200006: Christine Whittlesey 
200005: Harald Ossberger 
200004: Peter Keuschnig 
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200002: Martin Haselböck 
1999 
199912: Peter Guth 
199911: Johann Strauss 
199910: Kurt Schmid 
199908: Bijan Khadem-Missagh 
199907: Franz Endler 
199906: Harald Serafin 
199905: Walter Kobera 
199904: Eduard Strauss 
199903: Edith Lienbacher 
199902: Fabio Luisi 
199901: Clemens Hellsberg 
1998 
199812: Alfred Eschwe 

 



Johannes Neubert
Geschäftsführer Tonkünstler-Orchester Niederösterreich

AMN: Herr Neubert, die heurige Saison des Tonkünstler-Orchesters beginnt mit dem neuen Chefdirigenten Kristjan Järvi. Wie und wo konnten Sie Herrn Järvi für die Tonkünstler gewinnen, und welche Neuerungen kann das Publikum erwarten?

Johannes Neubert:
Johannes Neubert
Ich hatte Kristjan Järvi zweimal dirigieren sehen, einmal in Umeå in Schweden und einmal mit der Dresdner Philharmonie, und war sofort sehr angetan von seiner Frische und Ausstrahlung. Er ist sicher das Gegenteil eines braven, konventionellen Dirigenten. Erwarten kann sich unser Publikum von ihm mehr Breite und mehr Offenheit, also schlichtweg vielfältigere Programme - so wie das ja von Anbeginn meiner Geschäftsführung mein Anliegen gewesen ist. Wobei wir die reiche Tradition des Orchesters sehr wohl bewahren wollen, denn Tradition hat ja nichts mit Museum zu tun. Järvi ist in Tallinn, also im "Norden", geboren und in New York aufgewachsen - das wird sicher im einen oder anderen Programm eine Rolle spielen. Zentral ist für mich jedoch, dass er nicht zwischen E- und U-Musik unterscheidet, sondern zwischen guter und schlechter - diese Offenheit werden wir brauchen, um in Zukunft unseren Platz zu finden.

AMN: Seit Sie Geschäftsführer sind gab es in der Struktur des Orchester gravierende Änderungen. Wurden diese nur aus Ersparnisgründen gemacht worden, da für die Kultur weniger Geld vorhanden ist, oder konnten in künstlerischer Hinsicht Verbesserungen erreichen werden?

Johannes Neubert: Meinem Einstieg als Geschäftsführer vor zwei Jahren gingen sehr heftige, auch medial ausgetragene Auseinandersetzungen voraus. Aus dieser Zeit resultieren wohl auch noch einige Missverständnisse. Der Grund für die Umstrukturierung war ein struktureller und weniger ein finanzieller. Einsparungen hat es seither - aus gutem Grund - keine gegeben, sondern Umschichtungen. Und vor allem Lösungen für eine Reihe von gravierenden Problemen, die in Summe sogar zu einer Ausweitung des Budgets führen mussten. Da steht an erster Stelle einmal die Thematik der Pensionsverpflichtungen des Orchesters, die bisher nur ungenügend abgedeckt wurden und so zwangsläufig zu einer Überschuldung geführt hätten. Das Orchesterbüro wurde ins Festspielhaus St. Pölten verlegt, die Proben übersiedelten vom wirklich unzulänglichen Baumgartner Casino in den neuen Gläsernen Saal des Musikverein und zum Teil ins Festspielhaus. Und was das künstlerische betrifft, so haben die Gastdirigenten und Solisten der kommenden Saison - genannt seien Bruno Weil, Jeffrey Tate, Giovanni Antonini, Michail Jurowski, Håkan Hardenberger, Renaud Capuçon, Christiane Oelze, HK Gruber und Anatol Ugorski - ein höheres Niveau als in der Vergangenheit. All das kostet natürlich auch mehr Geld. Änderungen hat es also sehr wohl gegeben, aber nicht, um das Gleiche mit weniger Geld zu machen, sondern ganz im Gegenteil: Die Zielstellung ist, das Tonkünstler-Orchester auf eine neue Stufe zu heben, gleichwertig mit anderen "Regionalorchestern" wie z.B. den Bamberger Symphoniker, die sehr wohl auf einem internationalen Level mitspielen können - viel besser, als uns dies in der Vergangenheit gelungen ist.

Was die strukturellen Veränderungen anbelangt, so wird hier auch in Zukunft noch das eine oder andere zu tun sein, denn wir brauchen einfach mehr Flexibilität im dienstrechtlichen Bereich, um uns behaupten zu können. Insgesamt hat die Gründung der neuen Betriebsges.m.b.H. aber bereits viele Verbesserungen mit sich gebracht, insbesondere in punkto modernes Marketing und Verkauf. Die Konzerte sind sehr gut besucht, das neue Kartenbüro im Wiener Museumsquartier hat sich bewährt. Last but not least haben wir massiv in den Bereich Musikvermittlung - d.h. Angebote für Kinder und Jugendliche - investiert, worauf wir sehr stolz sind und was in dieser Form bei österreichischen Orchestern einzigartig ist.

AMN: Außer dem neuen Chefdirigenten gibt es im Mitgliederstand des Orchesters Veränderungen. Sie haben einen neuen Konzertmeister engagiert und die Stelle eines Solocellisten ist ausgeschrieben. Zusätzlich wurden Akademiestellen eingeführt. Schafft man durch diese Stellen nicht eine Zweiklassen-Mitgliedschaft, und wie wird diese Situation von den Mitgliedern aufgenommen?

Johannes Neubert: Wir haben derzeit eine ganze Reihe von Positionen ausgeschrieben, mit denen wir einen Stand von 102 Musiker, 95 davon unbefristet engagiert und 7 als so genannte Akademie-Mitglieder, erreichen werden. Vor der Umstrukturierung hatte das Orchester 99 so genannte Planstellen. Die Akademie-Stellen, das sind im weitesten Sinne zweijährige Praktikantenverträge mit zwei Drittel Dienstverpflichtung, haben sich aus meiner Sicht bewährt. Die Musiker waren sehr skeptisch, seit einiger Zeit ist das aber eigentlich kein Thema mehr. Zumal die Akademie bei uns nur Streicher beinhaltet, was ich für sehr wichtig halte, denn dort sind sie längst nicht so exponiert. Durch die Akademie bieten wir Einstiegsmöglichkeiten für junge Musiker, und gleichzeitig erneuert sich ein kleiner Teil des Orchesters alle zwei Jahre automatisch. Das tut uns sehr gut, denn die Altersstruktur der Tonkünstler ist relativ unausgeglichen, während man sich ja ein ausgeglichenes Verhältnis von jungen und erfahrenen Musikern wünscht. Darüber hinaus können wir mit den sehr jungen aber bereits sehr guten Musikern der Akademie, die ja parallel noch in der Ausbildung sind, den Bedarf an Substituten senken. Die Akademisten verdienen übrigens mehr als die Substituten, das zum Thema Zweiklassen-Mitgliedschaft. Ich finde unseren Weg daher ehrlicher, als auf dem Papier eine Orchestergröße zu postulieren, die Stellen dann aber gar nicht bzw. einige nur mit Substituten zu besetzen. Überhaupt gibt es in Fragen der Stellengröße ein für mich unsinniges Statusdenken. Ob ca. 90 wie das RSO, ca. 100 wie wir oder ca. 120 wie die Wiener Symphoniker - all das hat ja nichts mit Qualität zu tun und letztendlich richtet sich die Größe eines Orchesters immer noch nach den Aufgaben und dem zu spielenden Repertoire.

AMN: Sehr ansprechend sehe ich, dass jedes ihrer Konzert einen speziellen Namen hat. Hilft diese Marketingstrategie neues Publikum anzusprechen?

Johannes Neubert: Die Arbeit mit Konzert-Titeln ist generell unsere Herangehensweise, denn wir wollen die Leute ja nicht nur immer mit den gleichen Werken konfrontieren, sondern auch Neues oder Wieder entdecktes bieten. Das setzt aber eben einiges an Vermittlung voraus, sei es durch Konzert-Titel oder -Themen, Einführungsgespräche, Workshops und dergleichen. Denn schließlich brauchen wir das Vertrauen des Publikums, sich auf etwas einzulassen, was es wahrscheinlich (noch) nicht kennt. Neues Publikum bekommt man dadurch nicht, da hilft nur wirkliches Zielgruppen-Marketing.

AMN: Kammermusik und solistisches Spielen sind die wichtigsten Weiterbildungsmöglichkeiten für Musiker - ein Orchester, das dieses Potential fördert, kann nur besser werden. Gibt es außer den angeführten Aktivitäten im Prospekt noch weitere Kammermusikgruppen oder andere solistische Aktivitäten? Werden diese durch fallweise Freistellung für diese Konzerte auch gefördert?

Johannes Neubert: Ja und nein. Solistische Auftritte können wir - wie jedes Orchester - nur wenigen unserer Musiker ermöglichen, aber wo das möglich ist, tun wir das gerne. Kammermusik hingegen ist natürlich der Beginn von allem und die Basis jeder Ensemblekultur. Wir versuchen dies ja auch mit unserem Kammermusik-Zyklus im Festspielhaus St. Pölten und in der übrigens wunderbar restaurierten Minoritenkirche Krems zu fördern. Kammermusik-Ensembles aus den Reihen unseres Orchesters gibt es ja jede Menge; wir sind da bei Bedarf auch gern als Vermittler tätig. Andererseits darf die so genannte Nebenbeschäftigung natürlich die Orchesterverpflichtungen nicht behindern, aber wenn das gesichert ist, steht einer Freistellung nichts im Wege.

AMN: Die Aktivitäten des Orchesters sind großteils auf das St. Pöltner Festspielhaus ausgerichtet. Kann das Orchester trotzdem im Wiener Konzertleben seine Stellung behaupten?

Johannes Neubert: Diese Information stimmt so leider nicht. Die Präsenz im Festspielhaus, wir unterhalten dort ja nun auch unser Orchesterbüro, wurde in der Tat ausgebaut, was ein riesiger Fortschritt ist, denn es gibt in Niederösterreich keinen vergleichbar guten Saal. Es wäre jedoch ein Unfug, dafür unsere Stellung in der Bundeshauptstadt zu reduzieren. Alle anderen Bundesländer-Orchester beneiden uns darum! Wir sprechen nunmehr von einer Doppelresidenz Festspielhaus St. Pölten - Musikverein Wien, mit Schloss Grafenegg als Sommerresidenz. St. Pölten und Wien halten sich auch ziemlich genau die Waage: In St. Pölten bestreiten wir in der kommenden Saison 31 Veranstaltungen, davon 20 Orchesterkonzerte, 4 Kinderveranstaltungen, 2 Ballet- und 2 Opernaufführungen sowie 3 Kammerkonzerte. In Wien spielen wir 32-mal, davon 30 Orchesterkonzerte im Musikverein und zwei Kinderkonzerte für die Jeunesse im Konzerthaus. In Grafenegg gibt es pro Saison 5 bis 6 Termine. An der Konzentration auf diese drei Standorte werden wir auch festhalten. Hinzu kommen dann noch einmal ca. 60 Termine an unterschiedlichen Standorten, auf Tournee oder bei Aufnhamen.

AMN: Internationale Konzertreisen sind ein Prestigefaktor für jedes Orchester - diese Kosten werden fast nie vom Veranstalter allein getragen - gibt es dafür ein finanzkräftiges Sponsoring? Wie sehen Sie das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich heute international positioniert? Kann man hier noch neues musikalisch interessantes Terrain gewinnen?

Johannes Neubert: Sponsoring aus privaten Mitteln für Tourneen gibt es dafür leider noch nicht - wie übrigens bei keinem der Orchester in Wien und Niederösterreich, mit Ausnahme der Philharmoniker. Wir müssen das also aus unserem normalen Budget bestreiten, was nicht einfach ist. Trotzdem sind Tourneen sehr wichtig und ein zentraler Bestandteil unserer Aufgabenstellung als Landesorchester. Nach mehrjähriger Pause sind wir daher in der kommenden Saison in Großbritannien und im Baltikum unterwegs und bestreiten eine Drei-Tage-Residenz in Barcelona. In punkto internationaler Positionierung haben wir jedoch noch einen langen Weg vor uns. Oftmals kennt man uns einfach gar nicht. Ein wichtiger Schritt hierbei sind neben Tourneen auch CD-Aufnahmen. Auch wenn man damit heute kein Geld mehr verdienen kann, ist dies trotzdem ein wichtiger Faktor für die Bildung eines internationalen Profils.

AMN: Herr Neubert, können Sie schon Pläne für die nähere Zukunft des Orchesters verraten? Und wie weit ist die Umstrukturierung bis jetzt vollzogen?

Johannes Neubert: Umstrukturierungen wird es sicher auch weiterhin geben, dies ist ein ganz normaler Prozess der Anpassung an sich immer schneller verändernde Umfeldbedingungen. Massive Veränderungen wie in den vergangenen zwei Jahren sehe ich für die Zukunft aber keine.

AMN: Haben Sie besondere Wünsche, vielleicht findet sich eine "Gute Fee" die tatkräftig mithilft?

Johannes Neubert: Ich denke, ich wäre schlecht beraten, mich auf überirdische Hilfe zu verlassen! Aber im Ernst: Was ich mir wünsche ist, dass es uns gelingt, eine neue Tradition zu etablieren und das Orchester als Alternative zum musealen Musikbetrieb zu positionieren, als Orchester zum Anfassen. Das bedeutet nicht, alles umzukrempeln. Wir fühlen uns der Wiener Musiziertradition verpflichtet, auch als niederösterreichisches Orchester - wobei man Wien und Niederösterreich in der Musikgeschichte ohnehin nicht trennen kann, denken Sie nur an Haydn, Beethoven oder Schubert. Was uns aber vorschwebt, ist eine neue Wiener Linie, nur eben etwas anderes als ausschließlich Mozart und Brahms.

AMN: Wir danken für das Gespräch, wünschen eine erfolgreiche Saison 2004/05 und viel Glück für die Zukunft.

Web-Tipp: www.tonkuenstler.at



 


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