Austrian Music Network
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Julian RachlinSolist, Violine
AMN: Das Konservatorium der Stadt Wien war Ihre musikalische Heimstätte. Es werden hier Spitzenmusiker herangebildet, wie Sie einer sind. Worin liegt das Geheimnis, dass gerade hier in Wien dies möglich wurde? Julian Rachlin: Ich glaube, das ist eine der wichtigsten Komponenten im Leben, so wie man in der Familie gehalten, erzogen und auch von der Umwelt geformt wird, so ist das auch bei der musikalischen Ausbildung. Da war das Wiener Konservatorium ein geborgenes Zuhause. Man hat mir hier eine solche Atmosphäre bereitet, die es mir ermöglichte, frohen Weges in die Welt zu schreiten. Diese Basis hat mir das Haus geboten. Das hängt natürlich auch sehr eng mit der Qualität der Lehrer und mit der Tradition dieser Stadt zusammen. In meinem Fall muß ich unbedingt die großartige Lehrerpersönlichkeit Boris Kuschnir erwähnen, der seine Ausbildung zwar in Rußland hatte, aber seine Wurzeln und seine Erfüllung hier in der Musikstadt Wien gefunden hat. Diese Adaption ist eine Eigenschaft, die Wien zu einer Weltstadt der Musik gemacht hat. Alles auf einen Punkt gebracht - der Direktor des Konservatoriums Josef Maria Müller, die Lehrer, allem voran Boris Kuschnir, sie alle haben mich in einer Weise akzeptiert, gefördert und mitgetragen, sodass mir das Arbeiten leicht fiel. Das konnte ich in diesem Haus erfahren, wie man es kaum auf einem anderen Platz der Welt erleben dürfte. Nun darf ich seit zwei Jahren selbst an dieser Stelle stehen und Studenten ausbilden. Es ist mein Bestreben, in diesem Sinne mein Bestes zu geben und sehe es als eine Ehre an, hier wirken zu können. AMN: Welche Zukunftspläne haben Sie? Julian Rachlin: Zukunftspläne gibt es viele. Meine letzte Passion ist die Viola. Mein Trauminstrument war immer das Cello. Leider war das realistischer weise nicht mehr möglich zu lernen. Nun fühle ich mich der Viola so verbunden, dass ich meine Konzerte nur mehr in Zusammenhang Violine und Viola gestalte. Ich spiele sämtliche Konzerte sowohl Solokonzerte mit Orchester, Kammermusik beziehungsweise Recitals mit der Violine und auf der Viola - ich bin fast nur mehr mit Doppelkasten unterwegs. Ganz große Pläne sind die Zusammenarbeit mit Lorin Maazel, dem zukünftigen Chef der New Yorker Philharmoniker, der mich zu seinen ersten Konzerten nach New York holt und mit dem auch Japan, Asien und Amerika Reisen geplant sind. Lorin Maazel war der prägende Dirigent für mich. 1988 hat er mich als 13 jährigen bereits zu den Berliner Festwochen engagiert. 2002/03 sind mit Maazel nach fast 15 jähriger Zusammenarbeit mit den New Yorker Philharmonikern Konzerte in der Avery Fisher Hall- und in der Carnegie Hall bereits festgelegt. Ganz große Projekte sind für mich das "Dubrovnik - Festival" wo ich vom 10. - 25. August mein eigenes Festival habe, das unter den Namen: Julian Rachlin & Freunde stattfindet. Mischa Maisky, Itamar Golan und Juri Bashmet wirken hier mit. Von Juri Bashmet hole ich mir viel Tipps auf der Viola. Dieses Festival ist eine wunderbare Fortsetzung meiner Konzerttätigkeit. Da ich das ganze Jahr fast nur alleine unterwegs bin, ist es eine wunderschöne Erfüllung, mit meinen Freunden, die ebenfalls das ganze Jahr alleine unterwegs sind, zusammen musizieren zu können. AMN: Die verschiedenen kulturellen Strömungen zwingen die Künstler oft in bestimmte kommerzielle Schienen, die Ihre Tätigkeit begrenzen. Können Sie sich von solchen Zwängen der Werbemaschinerie freihalten? Julian Rachlin: Nicht ganz, das muß ich zugeben. Die Welt hat sich in den letzten 15 Jahren (ich kann natürlich nicht 30 /40 Jahre sagen, da war ich noch nicht auf der Welt) durch verschiedene technische Erfindungen, durch das Internet und die Kommunikation sehr verändert. Wenn man eine internationale Konzerttätigkeit bestreiten möchte, kann man sich nicht von diesen Werbemaschinerien völlig lösen. Klassische Musik ist in allen fünf Erdteilen präsent und das muß natürlich geplant und beworben werden. Auch wenn die Schallplattenindustrie in einer Krise ist, so sind die Konzertsäle dennoch gut besucht und die Leute gehen in die Konzerte. Dafür ist die werbemäßige Präsenz der Künstler nötig, Interviews und Presse und was es sonst noch an Medien gibt, dem muß man sich unterziehen. Ich mache es gern, denn so wie ich mich am Podium mitteilen will, so sehe ich diese wichtige Funktion auch auf der Werbeschiene. Man darf jedoch die notwendige Zeit für die musikalischen Vorbereitungen nicht vernachlässigen. Wenn man das Podium betritt, muß man sich von all diesen Dingen psychisch frei machen, um dem Publikum das geben zu können, wofür es zum Konzert gekommen ist: "Musik!" AMN: Sie sind nicht nur ein hervorragender Solist, sondern auch ein begeisterter Kammermusiker. Welche Art der Kammermusik bevorzugen Sie? Julian Rachlin: Wenn ich das ganz herb sagen darf, dann geht für mich die Freude an der Kammermusik erst ab drei Instrumenten wirklich los. Mein Grundstein wird aber immer in den Orchesterkonzerten liegen, das sind mindestens 70 Auftritte pro Jahr. Von dieser Grundplanung ausgehend kann ich mich jetzt in der Welt der Kammermusik auch mit der Viola bewegen. Dadurch kann ich auch mit meinen Violinkollegen Musik in allen möglichen Besetzungen wie Streichtrio, Quartette, Quintette, Sextette zu Aufführung bringen. Ich liebe diese Musik und ich glaube, ohne Kammermusik würde die musikalische Welt um vieles trauriger sein. Ich glaube, hier in Wien lernt man diese Art des Musizierens kennen. Ich bereise viele Länder und Städte, und da erscheint es mir fast wie ein Tabuthema. Während hier, wenn man mit Freunden zum Essen zusammenkommt, dann wird natürlich das Instrument mitgenommen und anschließend zur Freude musiziert. Das ist eine Art des Hörens, des Zusammenwachsens, des Philosophierens, das man in dieser Stadt kennen lernt, und das gibt eine Erfüllung, wie es sich Musiker erträumen. In diesem ausgeprägten Kammermusikbewußtsein kann man eine gewisse Befriedigung finden um musikalisch weiterzuwachsen. AMN: Wird von Ihren Studenten im normalen Violinunterricht auch moderne Literatur verlangt, oder sind die Wünsche eher dem klassisch - romantischen Bereich zuzuordnen. Julian Rachlin: Ich muß leider zugeben, daß ich auf diesem Gebiet noch in der prähistorischen Zeit der Kommunikation lebe. Aber ich habe das Glück, einen persönlichen Assistenten zu haben, der diese Arbeit für mich Tag und Nacht verrichtet. Sämtliche Sachen die mit den modernen Kommunikationsmittel wie Internet, Homepage, E-Mail usw. zusammenhängen werden von ihm übernommen. Ich bekomme von ihm, wenn ich z.B. Laufen gehe alle meine Lieblingswerke vom Internet heruntergeladen und kann so auch während meines sportlichen Ausgleichstrainings Musik hören. Ich selbst habe einen kleinen Nokia Communicater, da kann ich zwar auch im Internet surfen und meine E-Mails abrufen und telefonieren, aber weiter bin ich in dieses Gebiet noch nicht eingedrungen. Irgendwann werde ich alles andere aber noch lernen, denn ich glaube, man darf und kann diese Entwicklung nicht ignorieren. AMN: Wir danken für das Gespräch und wünschen Ihnen viele schöne Konzerte und weiterhin den großen Erfolg, der Ihrem Können entspricht und die Freude die Sie dadurch den Menschen vermitteln. Weitere Informationen über Julian Rachlin finden Sie unter http://www.julianrachlin.com |
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