Klavierduo Eduard & Johannes Kutrowatz
Künstlerische Leitung des klangfruehling burg schlaining" (Bgld.)
Das Kammermusikfestival klangfruehling burg schlaining", das vom 18.-23. Mai 2004 zum vierten Male stattfindet, steht unter der Themenstellung "Roots & Wings". Mit einer Vielfalt von Auftragskompositionen, die den burgenländischen Wurzeln kosmopolitische Flügel verleihen sollen, sind die österreichischen Komponisten Herwig Reiter, Werner Schulze, und das japanische Komponistenehepaar Michiko und Takashi Matsuoka vertreten. Darüberhinaus schließen europäische Erstaufführungen und aufregende Werke aus Übersee den weltumspannenden Kreis dieser faszinierenden und berührenden Klangreise. Eine tragende Rolle spielen die beiden Pianisten und künstlerischen Leiter des Festivals Eduard und Johannes Kutrowatz, sowie der Arnold Schoenberg Chor unter der Leitung von Erwin Ortner.
www.klangfruehling.com
AMN: Ein Festival zu organisieren bzw. die künstlerische Leitung inne- zuhaben ist ein zeitaufwendiges Vorhaben. Wie schaffen Sie es neben der eigenen künstlerischen Tätigkeit als Klavierduo, diese organisatorischen Notwendigkeiten unter einen Hut zu bringen?
Eduard Kutrowatz:
Die Leitung und Organisation sowie die künstlerische Tätigkeit ist ein Ganzes, das Eine hat unmittelbar mit dem Anderen zu tun. Ohne künstlerischer Tätigkeit wäre die Organisation bzw. Intendanz unmöglich und für uns absurd. Es ist nur in unmittelbarer Verbindung vereinbar, um in einem größeren Zusammenhang gestalten zu können. Diese Tätigkeiten gehen Hand in Hand. Dabei können wir glücklicherweise auf ein gutes Team zurückgreifen, das uns organisatorisch entlastet. Ohne diese Hilfe wäre es nicht machbar, da wir uns in erster Linie als Künstler fühlen. Um diese Vision jedoch realisieren zu können, sind wir nebenbei auch organisatorisch tätig.
AMN: Welche Schwerpunkte ergeben sich, wenn man das Motto " Roots & Wings" musikalisch realisieren will?
Johannes Kutrowatz: Die Schwerpunkte unter dem Motto des "klangfruehling 2004" sind "Roots &Wings" - Wurzeln und Flügeln. Dazu ist anzumerken, dass wir von den großen Namen Bach, Brahms, Beethoven, Liszt als Wurzeln in historischen Dimension ausgehen. Eine zweite Wurzel unseres Heimatlandes Burgenland oder Ostösterreich wollen wir jedoch nicht vernachlässigen und lassen auch lokale Komponisten zu Wort kommen. Flügeln lassen wir uns durch unsere Phantasie und Visionen verleihen, indem wir Komponisten und Werke aus aller Welt, aus Japan, Kanada, Amerika, viele österreichische Uraufführungen einfließen lassen. Das ergibt zur Größe des Festivals eine irrsinnige Bandbreite und einen immensen Ausdrucksreichtum. Die Vielschichtigkeiten von Wort und Ton durch eingeladene Sprecher, durch die Aufführung einer kleinen japanischen Oper mit der Thematik "Kranich" und durch elektronische Musik. Das alles hat hier Platz und Raum, worauf wir sehr stolz sind.
AMN: Sie sind beide im Programm als Interpreten verschiedener Komponisten vertreten - haben Sie Auftragswerke an Komponisten vergeben oder suchen Sie aus dem großen Fundus der Klavier - Duo Literatur Werke, die Ihnen ins das Konzept passen?
Eduard Kutrowatz: Die Auftragswerke an Komponisten haben mit unserer Tätigkeit in den letzten Jahren als Interpreten zu tun. Durch den persönlichen Kontakt, aus Gesprächen und daraus entstandenen Freundschaften mit Komponisten, haben sich viele dieser Auftragswerke ergeben. Sei es in Österreich, Japan, Australien oder Kanada - die Komponisten sind uns meist persönlich bekannt. Es ist nicht immer leicht mit den Zeitabläufen zurechtzukommen. Ist ein Kompositionsauftrag vergeben, weiß man nicht, ob das Werk zum geplanten Konzerttermin fertig ist. Es ist ein künstlerischer Prozess, der vom Komponisten nicht punktgenau terminisiert werden kann. Dazu kommt die Übe- Studier- und Probezeit vor der Aufführung, die ebenfalls einkalkuliert werden muss. Diese ist wieder vom Schwierigkeitsgrad des Werkes abhängig. Das ist bei einem Festival ein zusätzlicher Spannungseffekt, der manchmal von einem mehr oder weniger starken Werkstattcharakter geprägt ist, bei dem man erst mit dem Komponisten die Werke erarbeitet. Zu diesen Auftragswerken kommt natürlich der große Fundus der Klavierliteratur hinzu. Alle namhaften Komponisten haben für Klavierduo oder für Klavier zu "Vier Händen" geschrieben. Uns geht es darum die richtige Balance von "Roots & Wings" - in klassisch - romantischen und zeitgenössischen Werken zu finden, und dem Publikum in einem nachvollziehbaren programmatischen Zusammenhang darzustellen.
AMN: Was war der Anlass, sich als Klavierduo zu präsentieren? Die Familienbande sind gewiss ein Argument, oder gibt es noch einen anderen Grund?
Johannes Kutrowatz: Ich will zwei Aspekte herauszugreifen, warum wir als Klavierduo schon 20 Jahre zusammenarbeiten. Der eine war der Anstoß unserer Lehrerin an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, Frau Prof. Renate Preisenhammer, in deren Klasse wir waren. Sie hatte scheinbar einen guten Riecher dafür, zwei Brüder auf diese Sparte hinzutrimmen. Der zweite Aspekt ist unser Arbeitsprinzip, das wir breitgefächert in Grenzenlosigkeit und Vielseitigkeit erleben. Wir haben beide auch andere Instrumente studiert. Eduard alles, was mit Schlaginstrumenten zu tun hat, ich habe Klarinette gelernt und beide haben wir ein Dirigierstudium absolviert. Wir waren vom Anfang an für die verschiedensten Stilrichtungen und für die verschiedensten Arten der Musik sehr offen. Daraus hat sich das Genre Klavierduo als ideales Spielfeld für uns ergeben. Hier können wir alle diese Einflüsse umzusetzen und verwirklichen.
AMN: Die Problematik, zwei Klaviere zur Hand zu haben, bedingt eine gewisse Einschränkung der Konzerttätigkeit. Wie lösen Sie diese Probleme? Ist Vierhändigspielen ein Ausweg?
Eduard Kutrowatz: Die Konzerttätigkeit an zwei Klavieren oder vierhändig an einem Klavier ist keine Alternative, sondern eine Frage der Literatur und der Programmatik. Wir können über eine Einschränkung in unserer Konzerttätigkeit nicht klagen. Zum Duo auf zwei Klavieren ist vierhändig eine äußerst attraktive Variante an einem Klavier mit entsprechend großer Literatur. Wir sind manchmal soweit, dass wir uns überlegen müssen, was wollen wir nicht machen, was passt nicht in unser Konzept. Der Begriff "Vierhändig" ist aus dem dilettierenden Bereich der Kammermusik Gott sei Dank abhanden gekommen. Alle Veranstalter anerkennen das Klavierduo als seriöse Kammermusiksparte, und es hat dadurch Eingang in alle Festivals gefunden.
Festivals, die als Aushängeschild Komponisten haben, die speziell für Klavier zu "Vier Händen" oder für "Zwei Klaviere" geschrieben haben, sind ein besonderes Betätigungsfeld für uns, wie z.B. die "Schubertiade Schwarzenberg" und die "Schubertiade Atzenbrugg". Wir bezeichnen Schubert daher als einen unserer wichtigsten Lehrer. Das Spiel an zwei Klavieren ist eine Organisationsfrage und hat mit der Größe des Raumes zu tun. Wir sehen diese beiden Möglichkeiten nicht als Einschränkung, sondern setzen die Programmatik immer auch in ein Verhältnis zur Raumgröße.
AMN: Sie unterrichten an der Musik Universität. Gestalten Sie den Unterricht in herkömmlicher Weise oder lassen Sie die Erfahrungen des Klavierduos einfließen?
Johannes Kutrowatz: Wir hatten das Glück, unmittelbar nach unserem Studium als Lehrer für Klavier an die Universität für Musik und darstellende Kunst engagiert zu werden. So konnten wir unsere Erfahrungen unmittelbar in den Unterricht einfließen lassen. Phasenweise war es eine enorme Belastung, neben der intensiven Unterrichtstätigkeit die anstrengenden Konzertvorbereitungen, Konzerte und Konzertreisen zu bewältigen. Trotzdem war uns das Unterrichten immer ein Herzensanliegen. Was man am Konzertpodium erfährt und erlebt sind die verschiedenen Zugänge und Aspekte der Kommunikation mit dem Medium Musik. Für den Unterricht ist das eine enorme Bereicherung, und die Studenten können davon sehr viel mehr profitieren. Dafür wird hin und wieder eine Unregelmäßigkeit im Unterrichtsablauf gerne in Kauf genommen.
AMN: Wie sehen Sie die Situation der Kulturpolitik in Österreich - werden kleinere Festivals stiefmütterlicher behandelt als große Festivals, oder gibt die Öffentliche Hand auch hier ihre Unterstützung in ausreichendem Maße?
Eduard Kutrowatz: Kulturpolitiker haben es nicht leicht - hatten es nie leicht. Ich beneide keinen Politiker, der Entscheidungen treffen muss. Wir selbst befinden uns in der glücklichen Situation von politischer Seite, sei es vom Burgenland, unserem Heimatland bishin auch zur öffentlichen Unterstützung von Bund, immer ein offenes Ohr für unsere Anliegen gefunden zu haben.
Wir glauben, dass die Ideen, die Visionen und programmatischen Vorstellungen, die wir hatten, einfach gut und überzeugend waren, sodass sie Unterstützung fanden, und dass das auch in Zukunft so sein wird. Wir bemühen uns hier die richtige Balance zu finden, Neues einzubringen, das unterstützenswert ist. Wir wollen aber auch selbständig wirtschaftlich auf eigenen Füssen stehen, d.h. privates Sponsoring zu erhalten, um die Visionen und Ideen auch in die Tat umsetzen zu können.
AMN: Was planen Sie bei den von Ihnen geleiteten Festivals in Richtung Programmschwerpunkte? Soll es bei kammermusikalischen Besetzungen bleiben oder ist eine Ausweitung vorgesehen?
Johannes Kutrowatz: Ich glaube, jeder Künstlerkollege kann es nachvollziehen, wenn man eine Idee, eine Vision hat und diese beginnt konkret zu werden. Da wird bei deren Umsetzung automatisch der Wunsch nach Erweiterung wach. Anfangs weiß man nicht, wohin mit der Fülle der Ideen und so ist es klar, dass man permanent nachdenkt, wie kann man zur Infrastruktur und zu den budgetären Möglichkeiten ein Festival ausweiten. Wir sehen das Verhältnis Infrastruktur und Budget in einem Balanceakt zur Qualitätsausweitung.
In unserem künstlerischen Credo sehen wir uns als Magier - als Klangzauberer, die über dieses Klangzaubern die Kommunikation zu unserem Publikum herstellen.
Um verstanden zu werden, muss man deutlich sprechen. D.h., deutliche Programmschwerpunkte setzen, die das Publikum anspricht. Die kammermusikalische Besetzung wird aus heutiger Sicht immer ein Zentrum in unserem Wirken bleiben. Grundsätzlich haben wir uns vom Anfang an das Prinzip gesetzt, uns durch nichts einschränken zu lassen. Weder durch örtlichen Gegebenheiten noch in der Programmatik. Man kann Räume verlassen. Wir spielen z.B. heuer in der ganzen Stadt Schlaíning, in Kirchen, in der Synagoge und in der Burg.
Man könnte Open Air Konzerte im Burghof geben. Wir werden mit Sprechern arbeiten. Es können aber auch visuelle Anreiz einbezogen werden. Der Aspekt verschiedener Stilrichtungen kann mehr unterstrichen werden. Ein großes Anliegen ist uns die Volksmusik nicht zu vernachlässigen. Die Fülle der Ideen ist so immens, dass wir uns eher zügeln müssen und uns in Bescheidenheit von der Realität tragen lassen.
AMN: Welchen Stellenwert räumen Sie den modernen Kommunikationsmedien wie Computer, Internet, und e-Mail ein? Sehen Sie darin nur eine Managementerleichterung, oder ist es auch eine Hilfe im musikalischen Bereich?
Eduard Kutrowatz: Die modernen Kommunikationsmedien sind eine wichtige Managementhilfe. In musikalischer Hinsicht hat es für uns kein Relevanz. Mit Ländern, die sehr weit entfernt sind, Japan, Australien, Kanada, ist es eine enorme Erleichterung im Schriftverkehr, Ideen auszutauschen, Programme übermitteln und in verschiedenen Sprachen zu kommunizieren. Musikalisch haben wir mit unseren, Klavierduo noch soviel zu tun, dass wir die technische Unterstützung der neuen Medien nur auf den Managementbereich beschränken.
AMN: Haben Sie beide einen großen Wunsch oder ein Ziel, das Sie artikulieren möchten. Musik ist so universell und allumspannend, dass möglicherweise jemand als Sponsor oder Interessent sich beteiligen könnte?
Johannes Kutrowatz: Herzensanliegen in künstlerischer Hinsicht ist uns, den inneren Antrieb und die Kraft nicht zu verlieren und der inneren Stimme zu gehorchen. Wir wollen authentisch sein als Künstler und uns nicht irgendwelchen Schulzwängen oder Vorgaben beugen. Für uns ist Klangmagie - "Die Welt als Klang" - und die Musik als Kommunikationsmedium wichtig. So wollen wir verstanden werden, und so wollen wir mit den Menschen in Kontakt treten und in Kontakt bleiben. Wir wollen begeistern und berühren, wollen im positiven Sinne erschüttern, jedoch niemals provozieren und belehren. Wir denken, dass die Neugier des Publikums so groß ist und jeder klug und weise genug ist, das zu spüren und zu hören, was für ihn richtig ist. Mit diesem ganzheitlichen Ansatz möge es gelingen, die Herzen zu erreichen und die Seelen zum Schwingen zu bringen. Vielleicht ist es auf diese Weise möglich, die Welt ein kleines bisschen humanistischer und glücklicher zu machen.
AMN: Wir danken für das Gespräch und wünschen weiterhin viel Erfolg und einen erfolgreichen "klangfruehling burg schlaining".