Gert Hofbauer
Dirigent
Das Wiener Hofburgorchester (www.hofburgorchester.at) feiert heuer seinen 30 jährigen Bestand. Gert Hofbauer hat es mit einer Gruppe von Musikern gegründet, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, dem Publikum, das in touristischer Weise Wien besucht, etwas von dem musikalischen Reichtum dieser Stadt mitzugeben.
So wird seit Jahren der Silvester am Nachmittag um 16.00 Uhr mit einem Konzert in der Hofburg - Redoutensaal - eingeleitet. Am 1. Jänner, dem Neujahrstag, führen sie Ihr Publikum mit zwei Konzerten um 11.00 Uhr und 16.00Uhr in das Neue Jahr. Auch die Weihnachtsfeiertage 25./ 26. und 27. Dezember bieten Gelegenheit, sich an musikalischen Weihnachtsgeschenken zu erfreuen. Es ist uns daher ein besonderes Bedürfnis, neben den vielen Portraits, die wir in den letzten Jahren im Internet publiziert haben, Sie Herr Hofbauer, mit Ihrem Orchester in diese Serie aufzunehmen.
AMN: Herr Hofbauer, wieso kamen Sie vor 30 Jahren auf die Idee, in Wien ein neues Orchester, das "Wiener Hofburgorchester" zu gründen?
Gert Hofbauer:
Die Beweggründe das Wiener Hofburgorchester zu gründen waren mir deswegen ein Anliegen, da bereits vor 40 Jahren eine große Nachfrage nach solchen Konzerten bestand. Viele Touristen wollten in Wien Konzerte besuchen. Es war aber in dieser Form noch kein Angebot vorhanden. Verschiedene kleinerer Ensembles versuchten mit Strauß-Konzerten Fuß zu fassen, konnten aber nicht das hohe künstlerische Niveau bieten, um auch musikalisch anspruchsvolles Publikum an sich zu fesseln. Bei der Gründung des Wiener Hofburgorchesters waren daher die entscheidenden Kriterien: Programme von hohem künstlerischen Niveau zu erstellen und ein Orchester mit mindestens 30 - 40 erstklassigen Musikern und je nach Aufführung 3-5 namhaften Sängern der Staats- und Volksoper Wien zu verpflichten.
AMN: Der Festsaal der Wiener Hofburg und der Redoutensaal sind die bevorzugten Spielstätten Ihrer Konzerte. Ist es das Flair dieser altehrwürdigen Räume oder ist es die Atmosphäre die das Publikum in das "Alte Wien" versetzt?
Gert Hofbauer: Unsere ersten Konzerte veranstalteten wir im Wiener Konzerthaus, später übersiedelten wir in den Wiener Musikverein. In den letzten 15 Jahren waren unsere bevorzugten Spielstätten die Säle der Wiener Hofburg und der Redoutensaal. Der Festsaal der Wiener Hofburg ist für Touristen normalerweise nicht zugänglich - er wird in keinem der Sightseeingprogramme angeboten und kann daher nur im Rahmen von Kongressen und bei unseren Konzerten besucht werden.
Der Redoutensaal ist wahrscheinlich der interessanteste Wiener Saal. Er weist auf eine mehr als 300 jährige Tradition hin. In diesem Saal - das kann man nachlesen - gab es viele historische Aufführungen von Mozart, Salieri, Beethoven, Paganini bis hin zur Strauß-Dynastie. Erwähnenswert ist noch, dass in diesem Saal am 28. März 1842 ein Konzert mit Mitgliedern der Wiener Hofoper unter Otto Nicolai stattfand, welches als die eigentliche Geburtsstunde der Wiener Philharmoniker gilt.
In der Nacht vom 26. auf den 27.November 1992 zerstörte ein verheerender Brand dieses Barocke Juwel. 1997 wiederhergestellt, wurden die Räumlichkeiten erneut ihrer Bestimmung übergeben und werden nun vom Wiener Hofburgorchester regelmäßig als Konzertsaal genutzt.
AMN: Die Zeiten verändern sich, die Umstände sind nicht mehr die gleichen wie vor 30 Jahren. Den Menschen Freude zu bereiten, ist bestimmt eine schöne Aufgabe - kann man nach so vielen Jahren noch dieselbe Energie und den Schwung aufbringen wie in der Anfangszeit?
Gert Hofbauer: Das Wiener Hofburgorchester, dessen Aktivitäten zum Großteil in den Sälen der Wiener Hofburg stattfinden, leitet so auch seinen Namen davon ab. Man kann es ruhig als "Orchester in Residenz" bezeichnen.
Die Zeiten und Umstände haben sich in den letzten 30 Jahren schon merkbar verändert. Es ist sicher schwieriger geworden - die Jugend ist möglicherweise nicht mehr so walzerselig wie einst - um hier einen Ausgleich zu finden haben wir auch Mozart in unsere Programme aufgenommen, was auch von der Jugend dankbar angenommen wird. Es ist uns immer ein Bedürfnis, unserem Publikum die Freude an der Musik, an dem Konzerterlebnis mitgeben zu können. Wenn diese dann im Applaus ihre Begeisterung zeigen, war es ein gegenseitiges Geben und Nehmen, das man im Herzen auch in die entferntesten Länder mitnehmen kann.
AMN: Was ist das Besondere an Silvester- und Neujahrskonzerten? Weltweit finden an diesem Tag wahrscheinlich die meisten Veranstaltungen vor vollen Häusern statt. Vielleicht können Sie diese Stimmung, die sich verbreitet und die, die Menschen in eine Art Rauschzustand versetzt, im speziellen auf die Hofburgkonzerte darstellen?
Gert Hofbauer: Die Stimmung und die Erwartungshaltung von Silvester- und Neujahrskonzerten haben ein besonderes Fluidum. Dies spürt man, wenn man den Saal betritt. Es ist für uns und speziell für Wien eine Verpflichtung, das Publikum mit der Neujahrshymne, dem Donauwalzer, in ein hoffentlich glückliches und friedliches "Neues Jahr" zu führen.
Wir sind neben den Wiener Philharmonikern das 2. Orchester mit einem traditionellen Silvester- und Neujahrskonzert, das in den wunderschön geschmückten Sälen der Wiener Hofburg dem Publikum dieses Zeremoniell der Lebenslust erfüllt.
Die Nachfrage ist so groß, dass wir um 11:00 und 16:00 Uhr je ein Konzert geben. So können die Menschen, die am Vormittag das Philharmonische Neujahrskonzert nur im Fernsehen erleben durften, das Liveerlebnis am Nachmittag mit dem Wiener Hofburgorchester in der Hofburg nachholen.
AMN: Die Programme, die Sie für alle Ihre Veranstaltungen anbieten sind eine reiche Palette von Walzern, Operetten und Opernmelodien. Ist das in erster Linie der Wunsch des Publikums, oder können Sie hin und wieder auch neuere Werke einfließen lassen?
Gert Hofbauer: Unsere Programme sind so gestaltet, dass unser Publikum, das oft aus bis zu 20 Ländern angereist kommt, jedem etwas bietet. Wir nehmen daher Rücksicht, unsere musikalischen Werke so zu wählen, dass die Musik zu ihnen spricht. Worte oder Texte sind zweitrangig und die Highlights, die wir bringen, kennt man in allen Sprachen. Wir schließen uns da dem Ausspruch Joseph Haydns an, der als er nach England fuhr, sagte: "Meine Sprache versteht die ganze Welt". So glauben auch wir, dass die Sprache eines Johann Strauß oder Mozarts im selben Sinn verstanden wird.
AMN: Ihre Sänger und Musiker rekrutieren sich aus den ersten Opernhäusern und Orchestern Wiens. Können Sie immer auf die gleichen Solisten und Musiker bei den Konzerten zurückgreifen, oder müssen Sie öfters einen fliegenden Wechsel vornehmen?
Gert Hofbauer: Unsere Sänger und Musiker sind in einem Ensemblegeist aufgewachsen. Wir haben daher immer die Möglichkeit, ein ganz großes Orchester auf die Beine zu stellen. In der Regel spielen wir mit etwa 40 erstklassigen Musikern aus den großen Orchestern Wiens, können aber jederzeit, wenn jemand erkrankt oder gerade einer anderen Verpflichtung nachzugehen hat, auf nochmals so viele Musiker zurückgreifen. Bei den Sängern, die sich aus Staats- und Volksoper rekrutieren ist das Verhältnis ähnlich. Wer Vorstellung hat, wird von gleichrangigen Kollegen vertreten. Unsere Programme werden von allen gemeinsam erarbeitet. Von Improvisation halten wir nichts, denn das Publikum hat ein Recht darauf, sein Konzerterlebnis, das in professioneller Qualität dargeboten wird, auch zu genießen.
AMN: Wenn Sie nochmals die Chance hätten, so eine erfolgreiche Konzertserie aufzubauen, wie könnte dann dieses Konzept lauten?
Gert Hofbauer: Diese Frage kann ich nur mit einem "Ja" beantworten. Die Erfolge der letzten Jahre geben mir Recht und es ist auch für mich beglückend nach einem gelungenem Konzert vom Podium zu gehen.
Das Konzept ist aufgegangen um mit einem Slogan aus der Sportwelt zu antworten: "Never change a wining team!"
AMN: Bezüglich Internet und den modernen Medien hätten wir noch eine Frage: Sind diese Medien für Sie in der Konzertplanung und der Publikumserreichbarkeit eine Notwendigkeit?
Gert Hofbauer: In den letzten beiden Jahren ist es schwerer geworden, das internationale Reisepublikum anzusprechen. Selbstverständlich wird von uns das Internet und E-Mail voll genutzt. Als das schnellste Kommunikationsmittel erleichtert es uns die Arbeit wesentlich, und es ist aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken.
Größere Sorgen bereiten uns die Terrorängste des Publikums - diese spiegeln sich zwar nicht in Österreich und Wien - hier sind wir noch eine Insel der Seligen. Es ist vielmehr die Bereitschaft, in ein Flugzeug zu steigen, was vielen derzeit eine Überwindung kostet. Wir wollen aber hoffen, dass sich das Zusammenleben der Menschen auf humane Art wiederfindet. Musik wäre das beste Heilmittel, den Terror aus der Welt zu schaffen - heißt es doch: "Wo man singt dort lass dich ruhig nieder - böse Menschen haben keine Lieder."
AMN: Was wünschen Sie sich zu Weihnachten für Ihr Orchester, für die Musik und überhaupt für die Zukunft in Wien?
Gert Hofbauer: Für Weihnachten und das Neue Jahr wünsche ich persönlich meinem Orchester, meinen Kollegen, meinen Solisten vor allem Gesundheit. Ich hoffe auf eine weiterhin gute künstlerische Zusammenarbeit mit allen und auf friedliche Zeiten, um unserem Publikum die gleichen qualitätsvollen Konzerte bieten zu können wie in der Vergangenheit.
AMN: Wir danken für das Gespräch, wünschen Ihnen und allen, die mit Ihnen dabei sind ein "Frohes Weihnachtsfest und ein Prosit 2004", viel Glück für die Zukunft.